Klein aber fein (akt.)


„Leben im Alter – In Würde alt werden“

Es war wie sich im Laufe der Veranstaltung herausstellte und ein Referent es bezeichnete, eine „kleine aber feine Veranstaltung“. Klein weil weniger Besucher (38) kamen als wir, Michael Bohl von der Aids Hilfe Frankfurt und ich es uns erhofften, fein weil sie inhaltlich hochkarätig und aktuell war. Sie spiegelte die Situation wieder wie sie sich zur Zeit darstellt. Zum einen was das Wohnangebot, Wohnmöglichkeiten für ältere Schwule, Lesben, Transgender, HIV Positive und Regenbogenfamilien betraf, zum anderen was die aktuelle Pflegesituation, die Voraussetzungen für Pflegepersonal wie auch Personal für Wohnprojekte betrifft.begrüßung

Das es vermehrt Bedarf für Wohnprojekte i.e. Häuser oder Wohngemeinschaften gibt ist allen Beteiligten ebenso klar wie auch die Tatsache das die vorhandenen Angebote erst den Anfang eines Weges markieren. Ein Weg für den ein langer Atmen notwendig ist. Es braucht Professionalität von Menschen wie Heiko Gerlach und Carlos Stemmerich von der Aids Hilfe Köln, die in der Schulung und Ausbildung von Pflegepersonal wie auch Personal tätig sind, Vereine wie Rubicon in Köln, Carolina Brauchmann und Markus Schupp, der Schwulenberatung e.V. „Netzwerk Anders Altern“ in Berlin, Dr. Marco Pulver und Michael Tappe der fachliche Leiter der AidsHilfe München der für Diana Zambelli – rosa Alter – in Vertretung kam, die sich für die Bedürfnisse und Belange, von Lebensformen von Schwulen, Lesben, Transgender und HIV Positiven engagiert einsetzen bzw arbeiten. Und vor allen Dingen braucht es das pers. Engagement von Menschen wie Gabrielle Wedde und Lisa Weiss – Villa Anders, Köln – Verein schwul-lesbisches Wohnen e.V., und Georg Linde, Wohngruppe in der Reha West in Zusammenarbeit mit/vom Frankfurter Verband um solche Projekte ins Laufen zu bringen.

Erst das Zusammenspiel von persönlichen Engagement der Betroffenen einerseits und ein hohes Maß an Professionalität andererseits macht es möglich das Projekte wie die Regenbogenvilla in Berlin und die Villa Anders in Köln Realität werden. Die Regenbogenvilla, eine einstige Kiga wird zur Zeit umgebaut und wird voraussichtlich Ende 2010 – Anfang 2011 bezugsfertig sein, die Villa Anders, ein Neubau, Ende 2009. So war es für alle Anwesenden erstaunlich zu erfahren, das die Regenbogenvilla u.a auf Grund unzähliger Eingaben und Briefen von Betroffen an den Senat in denen sie ihre Situation und die Notwendigkeit, ihr Bedürfnis für ein solches Haus schilderten, dazu beigetragen hat das dieses Projekt Realität werden konnte. Ähnliches zeichnet sich für das Wohnprojekt in der Reha West des Frankfurter Verbandes ab.

Darauf zu hoffen das die Politik uns in dem Maß wie es dem Bedarf angemessen ist „versorgen werde“, das Politiker oder die Gesellschaft unseren Bedürfnissen im Alter gerecht werden würde , entspricht nicht der Realität. Zwar gibt es auf kommunaler Ebene den einen oder anderen engagierten PolitikerIn wie auch Rahmenbedingungen die solche Projekte wie in Berlin, Köln, München und Frankfurt unterstützen und fördern wie auch die Deutsche Aids Stiftung die solche Projekte fördert. Doch sind es bis jetzt nur Tropfen auf einem heißen Stein.  Ebenso hat es sich leider herausgestellt das sich mit ehrenamtlichem Engagement oder nur gutem Willen bzw. Ideen alleine nichts bewerkstelligen läßt.

Ein weiterer Schwerpunkt der Veranstaltung war das Thema “Aus und Weiterbildung von Pflegepersonal”. So gibt es alleine in Hessen Stand 2007 laut Pflegestatistik ca 175800 pflegebedürftige Menschen. Geht man von einem Mittelwert von  5% aus so gibt es alleine in Hessen ca 8.800 pflegebedürftige Schwule und Lesben. Bundesweit dürften es schätzungsweise ca 100.000 Menschen aus der  Community sein, die der Pflege bedürfen.

Stigmatisierung und Ausgrenzung sind immer noch Alltag. In der Gesellschaft wie auch in den meisten herkömmlichen Alten bzw Pflegeheimen. Dies trifft für Menschen die im Pflegeberuf arbeiten in gleichem Maße zu wie für ältere Schwule, Lesben und Transgender die auf Hilfe bzw. Pflege angewiesen sind wenn sie vor der Entscheidung stehen wo bzw. wie sie Ihren Lebensabend verbringen wollen. Die Angst vor den Erfahrungen von Diskriminierung die sie in der Vergangenheit erlebten (erst 1994!!! fiel der §175 im Zuge der Rechtsangleichung mit der DDR weg) und befürchten im Alter wieder ausgesetzt zu werden, bedingt es das viele von ihnen im Alter versteckt leben, unsichtbar sind.

Ähnliches gilt für HIV Positive. Ausgrenzung und Stigmatisierung ist immer noch an der Tagesordnung und wird, wie das jüngste Beispiel der „Kampagne der Michael Stich Stiftung 2009“ weiterhin am Leben gehalten.

Dazu kommt der Umstand das was das Thema HIV betrifft, die Lehrbücher für Pflegeberufe alles andere als auf dem neusten med. Stand bezl dessen wie man sich nicht infziert sind. Insofern ist es nicht verwunderlich wenn unter dem Pflegepersonal in vielen Heimen entweder Un,- Halb bzw. ein Wissenstand herrscht wie vor 25 Jahren. Zudem arbeiten im Pflegebereich heute Menschen der verschiedensten kulturellen Identitäten deren Werte und Vorstellungen zu dem Thema HIV bzw Schwul – Lesbische Identität sich erheblich von den Unseren unterscheiden. Hier ist die Politik, hier sind insbesondere die Kultusministerien der Länder gefordert, die letztendlich für die Lehrpläne verantwortlich sind. Was sich leider auch hier wieder zeigt, ist das Aufklärung von Organisationen wie der DAH, AidsHilfen, BzgA etc. in Teilen der Bevölkerung nicht angekommen ist.

Ein anderer, wesentlicher Aspekt war der den Michael Jähme, „Der frische Fünziger“ mit seinem Beitrag zum Ausdruck brachte, den er mittlerweile auf seinen Blog eingesstellt hat. HIV ist dank der HAART heute zu einer chronischen Krankheit geworden. AIDS IST HEUTE KEINE TÖDLICHE KRANKHEIT mehr wenn auch einige ewig gestrige sich wie eine Bulldogge in diese Sichtweise verbissen haben. Viele von uns HIV positive Heteros, Schwule, Lesben und Transgender haben im Laufe der Zeit Menschen die uns nahe standen verloren. Der Tod, das Sterben ganz besonders der frühen Jahre von HIV in Deutschland haben uns alle geprägt und Spuren, Narben in unseren Seelen hinterlassen. Dennoch haben die meisten von uns diese Krisen überstanden, haben wieder „Ja“ zum Leben gesagt und sind mit Mut und Freude ins Leben zurückgekehrt. Dies zu zeigen, sich trotz aller Ausgrenzung und Stigmatisierung die nach wie vor Alltag ist, nicht zu verstecken ist eine Anstrengung die zwar Mut und Überwindung kostet, die zu stellen sich lohnt.

Nur wer sich nicht versteckt wird sichtbar und wahrgenommen. Nur der wird gehört werden der sichtbar ist und der seine Bedürfnisse artikuliert.

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Da sich die Politik, jede Regierung seit Jahren konsequent durch Kürzungen insbesondere im sozial- und gesundheitspolitischen Bereich ihrer Verantwortung für diejenigen die sie gewählt haben, entzieht soll und muß an dieser Stelle die Tatsache nicht unerwähnt bleiben, das diese Veranstaltung erst durch finanzielle Unterstützung der Firmen Abbott, MSD, Boehringer – Ingelheim sowie der Deutschen AIDS Stiftung Bonn möglich geworden ist.

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7 Antworten zu Klein aber fein (akt.)

  1. ondamaris schreibt:

    scheint eine spannende und interessante veranstaltung gewesen zu sein 🙂

  2. alivenkickn schreibt:

    In der Tat, das war es. Zudem, da es ein kleiner Kreis war und sich die Meisten kannten, war es sehr entspannt, ja man könnte schon „familiär“ sagen. 🙂

  3. Pingback: Das Trauma AIDS muss im Gespräch mit schwulen Senioren einen Platz haben « Termabox

  4. termabox schreibt:

    Ich glaube, es braucht einfach engagierte Menschen, die Aufklärung, Information und Integration von HIV-Positiven, und auch Schwulen und Lesben in Arbeitsgebieten der Altenhilfe zu ihrer persönlichen Sache machen.

    Politiker und Politikerinnen oder VerwaltungsmitarbeiterInnen sind so gut wie die Menschen, die sich mit ihren Anliegen an sie wenden. Es muss immer ein Zusammenspiel von beiden Seiten sein.

    Offensiv die eigenen Anliegen vortragen, sichtbar sein als Interessensgruppe ist ein Weg zum Ziel. Die gesellschaftlich verbreitete Stigmatisierung von HIV-Positiven führt aber dummerweise immer noch dazu, dass sich nur wenige sichtbar und öffentlich zu Wort melden.

    Da in der Altenpflege relativ viele MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund arbeiten, muss mit kulturell bedingten tradierten Haltungen gegenüber Homosexuellen und HIV-Positiven umgegangen werden.

    Die Leitungen von Ausbildungsinstituten und Pflegeeinrichtungen haben entscheidenden Einfluss darauf, welches Werte-Klima sie fördern und vermitteln wollen.

    Es gibt in der Tat noch viel zu tun!

  5. alivenkickn schreibt:

    @Termabox

    „Die gesellschaftlich verbreitete Stigmatisierung von HIV-Positiven führt aber dummerweise immer noch dazu, dass sich nur wenige sichtbar und öffentlich zu Wort melden.“

    Das ist die Crux. Hier muß den Ursachen auf den Grund gegangen werden. Wieso kommt es das man nach 25 Jahren HIV in Deutschland, nach all der Prävention und Aufklärung, den medizinischen Erfolgen i.e. HAART, die bedingen das HIV heute eine chronisch behandelbare Krankheit geworden ist und man mit HIV alt werden kann, immer noch der Meinung ist das von HIV Positiven eine Gefahr ausgeht, das „AIDS immer noch eine tödliche Krankheit ist“? Wer ist dafür Verantwortlich, wer hält solche Bilder am Leben, Bilder die Stigmatisierung in der Gesellschaft füttern und somit aufrechthalten.

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