Hurra . . . das Leben ist schön


. . . . . wenn man im Vorstand sitzt oder Großaktionär von Aktien von einem der führenden HIV Medikamentehersteller ist.

Auf der Webseite von HIV-Info findet man unter dem Datum vom 22.09.2008 (Archiv) die folgende Nachricht:

Lebenserwartung von HIV-Infizierten gestiegen

In diesem Artikel bezieht man sich auf die Ergebnisse einer internationalen Studie – internationale Forschergruppe. Sinngemäß heißt es da das ein 20 jähriger Patient bei dem heute eine HIV Infizierung festgestellt wird eine Lebenserwartung von 50 Jahre hat und ein 20 Jähriger der mit einer HIV Therapie in den Jahren 1996 -1996 angefangen hat immerhin noch mit einer Lebenserwartung von 36 Jahren rechnen könne.

Den genaue Wortlaut findet man hier.

Beim Lesen des Namens „HIV-Info.de“ glaubt man möglichlicherweise das es sich um eine Webseite handelt, die von HIV Positiven oder einer der vielen Gruppen die die Interessen von HIV Positiven vertreten, handelt. Wirft man einen Blick in das Impressum so wird man sehr schnell eines Besseren belehrt. Es handelt sich um eine Webseite des Pharmahersteller „GSK – GlaxoSmithKline“ zu dem Thema HIV.

Von den derzeit 28 (unter Vorbehalt) verfügbaren HIV Medikamenten (inkl Kombinationspräparaten) stellt GSK allein die folgenden 7 Medikamente her.

AZT – Retrovir
3TC – Epivir
CBV – Combivir – Kombinationspräparat ATZ/3TC
ABC – Ziagen
KVX – Kivexa – Kombinationspräparat ABC/3TC
TZV – Trizivir – Kombinationspräparat – AZT/3TC/ABC
FPV – Telzir

Damit nimmt GSK eine führende Position unter den Herstellern von HIV Medikamente ein.

In einem Artikel aus dem Jahr 2005 des Magazin NEON der sich mit dem Thema AIDS beschäftigt, heißt es u.a.:

»Leb dein Leben, wenn du positiv bist«, wirbt der Pharmakonzern GlaxoSmithKline. »Ich hatte früher kein so tolles Leben«, lässt er einen HIV-Positiven erzählen. »Wir wollen HIV-Infizierten Mut machen«, rechtfertigt GlaxoSmith- Kline-Sprecher Joachim Zdzieblo.

Die Realität ist jedoch eine andere. 2007 werden weltweit zwei Drittel der HIV-Infizierten und AIDS-Kranken keine lebensnotwendigen Medikamente zur Verfügung stehen und der Tod von ca. 2,1 Millionen Menschen an den Folgen einer HIV-Infektion nicht verhindert werden.

Noch immer benutzt GlaxoSmithKline neben anderen Herstellern seine Stellung dazu um ärmeren Ländern an der Ausübung von Zwangslizenzen und Parallelimporten zu hindern bzw. die Preise für HIV Medikamente nicht so deutlich senken, das diese für HIV Positive in den ärmeren Ländern ihrem Einkommen entsprechend auch finanzierbar sind.

Es steht außer Frage das ohne die gegenwärtigen HIV Medikamente der Pharmaindustrie die meisten der in den reichen industrialisierten Ländern lebenden HIV Positiven nicht mehr am Leben wären. Dennoch muß gegen die oftmals einseitige Sichtweise und Informationspolitik bzgl der auf den ersten Blick erscheinenden „Verharmlosung“ von HIV durch die Hersteller und deren für HIV Medikamente eingesetzten Marketingstrategien und andere offensichtliche Mißstände klar Stellung bezogen werden. Gerade Mitte der 90ger wurde ein Bild von HIV im Kontext mit den HIV Medikamenten Werbungen in vielen Gay Zeitschriften geschaltet das schlicht und einfach ein falsches Bild von HIV in der Bevölkerung und in der Gay Community vermittelte und somit zu einem falschen Bild von HIV bzw HIV Positiven beigetragen hat.

Schaut man sich die Quelle dieser Studie an, so kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Da heißt es u.a. das ein 20 jähriger Patient bei dem heute eine HIV Infizierung festgestellt wird eine Lebenserwartung von 50 Jahre hat und ein 20 Jähriger der mit einer HIV Therapie in den Jahren 1996 -1996 angefangen hat immerhin noch mit einer Lebenserwartung von 36 Jahren rechnen könne.

Eine bei aller Hoffnung wahrlich kühnen und in meinen Augen vermessene Prognose kommt man doch zu solchen Feststellungen bzgl der Lebenserwartungen idr auf Grund fundierter Daten die in der Vergangenheit liegen. Kein Wort davon das sich gerade erst abzuzeichnen beginnt welche Langzeitwirkungen die Medikamente im Kontext zu HIV im Alter haben. Ganz zu schweigen davon wie es in den Ländern südlich der Sahara aussehen wird. Kein Wort von dem Sterben von HIV infizierten Menschen in diesen Ländern weil man ihnen die lebensnotwendigen Medikamente zu einem bezahlbaren Preis verweigert bzw Ihnen mit allen Mittel verbietet Generika oder gegen eine geringe Lizenzgebühr HIV Medikamente in eigener Regie selbst herzustellen.

Der Artikel gipfelt in der Aussage das ein HIV Positiver der/die in einer festen Beziehung lebt und seine HIV Medikamente – i.d.R. eine Kombitheraphie aus verschieden HIV Medikamenten – regelmäßig nimmt mit dem Ergebnis das seine VL unter der Nachweisgrenze liegt und Sex ohne Kondom mit seinem PartnerIn hat, bei 100-mal Sex pro Jahr über einen Zeitraum von10 Jahre das Virus über 3500-mal übertragen wird, viermal so häufig wie mit Kondombenutzung (Lancet 372, 2008, 314). Auf den Gebrauch von Kondomen können Patienten deren VL durch eine Therpie unter der Nachweisgrenze liegt also auf keinen Fall verzichten, so die Aussage der an dieser Studie beiteiligten Forscher. Es ist also genau das Gegenteil von dem was das EKAF Papier zum Ausdruck bringt – genau das Gegenteil von dem was sich seit Jahren im Alltag von HIV Fachärzten – für Patienten mit einer regelmäßigen Compliance und deren VL unter der Nachweisgrenze liegt bestätigt hat.

Was steckt hinter solchen Aussagen – Informationen, hinter solchen Studien? Oder anders ausgedrückt Cui bono – Wem nützt sie?

Clamix hat es in einem Kommentar (Nr.3) zu einem Artikel von Ondamaris sehr gut auf den Punkt gebracht:

Letzten Endes sind die meisten Pharmaunternehmen gewinnorientierte Aktiengesellschaften, die keinen sozialen Versorgungsauftrag haben, sondern nur ihren Anlegern verpflichtet sind.

Zuallererst den Hersteller der Medikamente. Ihnen vor allen Dingen ist daran gelegen diesen Status Quo  „HIV als chronische Krankheit“ aufrecht zu erhalten. Solange dieser „Status Quo“ aufrecht erhalten bleibt, sind alle HIV Positiven in den Ländern dessen Gesundheitsystem sich diese HIV Medikamente leisten können, auf sie angewiesen. Finanziell gesehen bringt ein über Jahre andauernder Verkauf von Medikamenten mehr als der einmaligen Verkauf eines Impfstoffes. Eine Heilung ist nach wie vor in weiter Ferne – und vom kaufmännischen Standpunkt aus betrachtet weniger lukrativ. Viele Studien werden von Pharmaherstellern entweder selbst durchgefühert oder in Auftrag gegen und finanziert. Das dies nicht nur unter wissenschaftlichen sondern wirschaftlichen Aspekten geschieht liegt auf der Hand.

Der Focus gibt die derzeitige Situation was die Zukunft – Entwicklung eines HIV Impfstoff betrifft in einem Artikel sehr gut auf den Punkt. Leider.

Jedem Hersteller von HIV Medikamente – Medikamente generell – ist daran gelegen, das seine Prdukte verkauft werden. Und das funktioniert nur über mit der entsprechenden Marketing Strategie. Viele Fachzeitschriften können sich heute nur durch entspechende Werbung auf dem Markt halten, wenn die Hersteller von Produkten entsprechende Anzeigen schalten und diese im Sinn des Herstellers auch veröffentlicht werden. Jedem Pharmahersteller ist daran gelegen das sein Medikament mit Profit verkauft wird. Das muß und wird u.a. weltweit auf Kongressen und Fachtagungen der div Hersteller für Ärzte aller Fachrichtungen kommuniziert. Und damit auch alles ethisch sauber ist, gibt es den FSA Kodex für die Arzneimittelindustrie. Doch wie wie heißt es dort so schön: „Der FSA-Kodex verbietet nicht per se Tagungen in 5-Sterne-Hotels“.

Damit man auch weiß wann und vor allen Dingen WO welcher Kongress stattfindet gibt es einen Kongress Finder mit zur Zeit 74704 Veranstaltungen. Er ist bei der Wahl des Veranstaltungsort gern behilflich.

Der weitere Aspekt solcher Informationen – besonders die Art und Weise wie der Inhalt kommuniziert wird, bedingt das HIV Positive nach wie vor als Angstgegner instrumentalisiert, kriminalsiert und stigmatisiert werden.

Die Behauptung „das der HIV Virus ohne Kondombenutzung in einer festen Partnerschaft, wenn einer der Partner HIV infiziert ist und unter einer nachweislich funktionierende Therapie keine Viren nachweisbar sind, bei angenommenen 100-mal Sex pro Jahr über einen Zeiraum von 10 Jahre das Virus über 3500 weitergegeben – übertragen wird d.h. viermal so häufig wie mit Kondombenutzung“ ist schlicht und einfach falsch und in meinen Augen eine bodenlose Frechheit und Unverfrorenheit.

Hier wird ganz bewußt das Bild vom HIV Positiven als Täter geschürt bzw aufrecht gehalten. Solche und ähnliche Informationen sind in höchstem Maße unverantwortlich und irreführend. Zum einen führen sie dazu das in der Gesellschaft – auf Grund der Anzahl von HIV Medikamente die den Virus in seiner Dynamik hindern und dem Tenor das man mit Ihnen “ ein unbeschwertes Leben führen “ kann-  ein Bild von HIV entsteht bzw weiterhin am Leben gehalten wird das HIV „ja doch nicht sooo schlimm ist wie man vor 25 Jahren glaubte“, zum anderen erschwert es die Lebensqualität von HIV Positiven durch die Aussagen wie der oben aufgeführten Studie erheblich. Die Gewährung einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderungsrente ist heute u.a. auch durch solche „Informationen“ ungleich schwerer geworden. Gleiches gilt für die Ausstellung eines Ausweis wegen einer Schwerbehinderung durch die Versorgungsämter.

Es ist bedauerlich das solche „Informationen – Aussagen“ von HIV Positiven Widerspruchslos hingenommen werden; das sich seitens der HIV Positiven kein Widerstand – wie ihn z.B Act Up in den 90ger Jahren leistete – formiert. Wenn nicht wir selbst für unsere Interessen eintreten . . . . . . . . . . . dann wird es niemand tun.

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