Am Samstag den 17. Mai 2014 fand am Klaus Mann Platz in Frankfurt – dem „Mahnmal Homosexuellenverfolgung – im Volksmund „Frankfurter Engel“ in der Zeit von 13.00 – ca 16.00 eine Veranstaltung zum diesjährigen „Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie“ statt.
Wie es sich an diesem Tag herausstellten sollte war es einer der Tage an dem es mir nicht sonderlich gut ging sodaß meine Teilnahme an dieser Veranstaltung nur von kurzer Dauer (Facebook <->Notizen) war. Dennoch haben sich mir über das „Netz“ subjektive Eindrücke vermittelt die ich hier zum Ausdruck bringen möchte.
Ganz besonders beeindruckt hat mich die Rede von Frau Christine Lüders, der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes die ich hier – mit freundlicher Genehmigung von Ann Kathrin Sost, Referentin Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation der Antidiskriminierungsstelle des Bundes – in Wort (Manuskript) und Ton wieder geben möchte.
Bzgl des Manuskripts – der Rede: „Es gilt das gesprochene Wort“.
Liebe Teilnehmende,
nur einen Steinwurf von hier entfernt, am Landgericht, hat Frankfurt vor mehr als 60 Jahren ein Stück hässlicher neudeutscher Geschichte geschrieben. Die sogenannten „Homosexuellen-Prozesse“ gegen 75 Angeklagte zerstörten buchstäblich Dutzende Leben: Sechs der Verfolgten begingen Selbstmord, von den übrigen dürfte kaum einer in Beruf und Gesellschaft je wieder Fuß gefasst haben. Und die Prozesse machten klar: Die Justiz dachte nicht daran, sich von der von den Nazis verschärften Version des Paragrafen 175 zu verabschieden.
Der Internationale Tag gegen Homophobie und Transphobie bietet viel Anlass, an Schmerzliches zu erinnern. Ich will aber auch und bewusst hervorheben, warum es Grund für Optimismus gibt. Und Grund, den Tag mit „Liebe und Lebenslust“ zu begehen, wie es in der Einladung zum heutigen Tag so treffend hieß:
Vor einer Woche hat der Eurovision Song Contest ein starkes Zeichen gesetzt, dass Vielfalt und Akzeptanz in Europa die Unterstützung der Bevölkerung haben. Der Sieg von Conchita Wurst hat gezeigt: Europa sagt Ja zu einer vielfältigen Gesellschaft. Mit sehr vielen Stimmen übrigens aus den osteuropäischen Staaten, das sollte nicht übersehen werden!
„Europa hat Würde“, titelte eine deutsche Tageszeitung treffend. Tatsächlich, eine Sängerin mit toller Stimme und tollem Bart hat Grenzen aufgehoben und uns alle ein Stückweit zusammengebracht. Ist das nicht wunderbar?
Mir jedenfalls hat das viel Mut für unsere Arbeit gegen Diskriminierung gemacht. Und: Ein besseres Signal für den Tag gegen Homophobie und Transphobie kann es nicht geben!
Aber auch hier und heute soll ein klares Zeichen gesetzt werden: Der Frankfurter-Engel-Freundeskreis will ein Zeitzeugenprojekt zur Verfolgung Homosexueller ins Leben rufen.
Das ist dringend nötig, solange es noch Zeugen gibt, die ihre Geschichte erzählen können. Es ist eine Stärkung und Anerkennung derjenigen, denen unerträgliches Unrecht widerfahren ist – und eine unverzichtbare Quelle für alle, die danach geboren wurden.
Denn was während des Nationalsozialismus passierte, dürfen wir nie vergessen. Zehntausende Homosexuelle wurden entrechtet, unsagbarem Terror und Leid ausgesetzt.
Aber auch heute sind Diskriminierungen, Beleidigungen und Gewalt gegen sexuelle Minderheiten weiterhin Realität.
Dazu gehört nicht nur die homophobe Gesetzgebung in Russland oder in vielen Ländern Afrikas. Für mich ist es auch erschreckend, auf welche Weise Homo- und Transphobie in Deutschland immer wieder salonfähig gemacht werden sollen: Man denke nur an Matusseks „Ich bin homophob, und das ist auch gut so“ oder die unsäglichen Auslassungen der Schriftstellerin Lewitscharoff. Es ist gut, dass es hiergegen klare Stimmen gab und gibt – aber ich hätte mir einen Aufschrei erhofft.
Keine Frage: Es gibt für uns alle noch viel zu tun – auch in Deutschland. Unser Ziel muss sein: Die völlige rechtliche Gleichstellung und Öffnung der Ehe.
Wir von der Antidiskriminierungsstelle fordern außerdem seit langem, dass das Benachteiligungsverbot im Grundgesetz ausgedehnt wird auf die sexuelle Identität. Und es müssen endlich ALLE Opfer des früheren Paragrafen 175 entschädigt werden!
Ganz wichtig sind mir auch die Rechte von Trans*-Personen, um die lange viel zu wenig gekämpft wurde.Wir brauchen eine europaweite Ächtung von Gewalt gegen und Diskriminierung von Trans*-Menschen!
Und: Die Selbstbestimmung aller Menschen muss selbstverständlich sein. Daraus folgt auch dringend die Abschaffung von Zwangs-Sterilisationen zur Anerkennung der geschlechtlichen Identität. Derzeit ist sie in ZWEI DUTZEND der europäischen Staaten noch üblich. Wir fordern ein Ende dieser schweren Menschenrechtsverletzung!
Ich will aber hier heute unbedingt auch Mut machen: Weil es so viele enorm engagierte Menschen gibt, sind wir in Deutschland weit gekommen bei der Gleichstellung sexueller Minderheiten. Aber OHNE diesen massiven Druck wäre es eben auch nicht gegangen. Immer wieder musste letztlich das Bundesverfassungsgericht entscheiden, damit die Politik sich bewegt. Das darf einfach nicht so weitergehen!
Wir dürfen daher nicht nachlassen, Gleichstellung einzufordern. Und wir müssen uns weiter mit aller Kraft dafür einsetzen, dass Gewalt, Schikane und Diskriminierung weltweit ein Ende finden: Denn die Rechte von Lesben, Schwulen und Trans*-Personen sind Menschenrechte. Sie müssen garantiert werden – überall.
Vielen Dank!
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Die Rede von Christine Lüders war nicht nur der Würde der Veranstaltung entsprechend angemessen sondern man hat gespürt – zumindest mir ging es so – das ihr dieses „Thema“ eine Herzensangelegenheit ist.
Leider konnte man das nicht von allen Rednerinnen und Rednern behaupten. Insbesondere TSG der SPD , Schwusos Frankfurt , Vorsitzender der Schwusos Frankfurt, und einigen Anderen wie z.b. Staatssekretär des SozialMininsterium von Hessen, Abordnung der Grünen, MdL und MdB, MdEP . . . OhWehOhWeh. Sie alle scheinen geglaubt zu haben das es sich bei dieser Veranstaltung um eine Wahlkampfveranstaltung zu der am 25. Mai stattfindenden Europawahl handelt und deshalb glaubten „Ei da misse mer hiigehe un uns bligge lasse“.
Ausnehmen möchte ich Stadträtin Frau Dr. Nargess Eskandari-Grünberg von Frankfurt am Main und das Autonomes Schwulenereferat Kassel .
Zum Gelingen der Veranstaltung haben unter anderem das KUSS41 durch ihre Ausstellung „Sieh mich“ in Frankfurt am Main wesentlich beigetragen. Hier würde ich mir wünschen das dieses Projekt – diese Fotoausstellung mehr Raum – Beachtung finden würde. Möglichkeiten wie z.b. die Basis der AH Frankfurt und anderer Lokalitäten gibt es in Frankfurt am Main ja zur Genüge.
Foto Copyright © Autonomes Schwulenreferat Kassel
Foto Copyright © Autonomes Schwulenreferat Kassel
Foto Copyright © Autonomes Schwulenreferat Kassel
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In der Gay Freedom Parade am 25. Juni 1978 hat Harvey Milk trotz mehrerer Morddrohungen wenn er an diesem Tag eine Rede halten würde vor über 250000 Menschen in San Franzisko eine Rede gehalten deren Inhalt heute – leider – an Aktualität nichts verloren hat.
“Wie werden es nicht zulassen das man uns unsere Rechte vorenthält. Die Schwarzen haben ihre Rechte nicht dadurch bekommen das sie sich weiterhin stillschweigend in den hinteren Teil der Busse setzten. Sie sind aus diesem Kreislauf des Schweigens ausgestiegen wie Rosa Parks.
Ich bin das Schweigen leid, also werde ich darüber sprechen. Und ich will, das auch Ihr darüber sprecht. Schwule Brüder und Schwestern, was wollt ihr dagegen tun? Ihr müßt rauskommen. Euch bekennen . . . euren Eltern gegenüber. Ich weiß das es schwer ist und daß Ihr ihnen weh tun werdet, aber denkt daran, wie weh sie Euch in der Stimmkabine tun werden. Sagt es Ihnen, sagt es euren Verwandten. Sagt es euren Freunden, wenn sie wirklich eure Freunde sind. Sagt es euren Nachbarn, sagt es euren Arbeitskollegen. sagt es nur den Leuten die ihr kennt und die Euch kennen. Sonst niemand. Aber ein für allemal: Macht Schluß mit den Mythen, zerstört die Lügen und Verzerrungen”
aus
Randy Stilts “Im Namen der Hoffnung” Goldmann Taschenbuch – Deutsche Ausgabe August 1983. Titel der amerikanischen Originalausgabe “The Major of Castro Street” The Life and Time of Havey Milk, St. Martin´s Press New York
Auf diesen Tag den „Internationalen Tag gegen Homo-und Transphobie bezogen kann man diesen Teil der Rede von Harvey Milk entsprechend „modifizieren“:
Wie werden es nicht mehr zulassen das man uns weiterhin stigmatisiert, diskriminiert, kriminalisiert und gegen Viele von uns gewalttätig wird, uns verletzt. Wir werden es nicht mehr zulassen das die Medien und andere Schmierfinken weiterhin unsere Würde mit den Füßen treten. Wir werden es nicht mehr zulassen das die Medien sich zum Sprachrohr derjenigen machen die meinen uns mit Worten verletzen zu müssen nur „weil man das doch mal sagen müssen darf“. Wir werden es nicht mehr zulassen das die Medien über uns Mythen und Lügen erzählen, das die Medien die Wahrheit verzerren.
Ich bin das Schweigen leid, also werde ich darüber sprechen.
Und last but not least sollte an diesem Tag dem Feiern sowie dem Miteinander und Beisammensein ebenso Rechnung getragen werden.
Foto Copyright © Autonomes Schwulenreferat Kassel
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