4 Wochen leben im Kabuff


Du, sag mal wo bin ich hier?
Du bist in einem Altenpflegeheim.
Wieso bin ich denn hier?

Heute hat mich der oberste Chef der Loge angerufen und gesagt das ich am Freitag nach Hause fahre.

Sind die Handwerker mit der Renovierung der Wohnung fertig?

Was soll ich in diesem Kabuff? Das paßt ja 3 mal in mein Wohnzimmer!

Jedesmal wenn ich meine Mutter in dem Altenpflegeheim, in dem sie jetzt lebt, besuche oder sie zwischen meinen Besuchen anrufe, sind es solche Fragen die sie mir stellt.

Ihre Körpersprache, ihre ganze Haltung bringt Ablehnung, Trauer, Leid, Schmerz und Unverständnis darüber zum Ausdruck das sie an einem Ort an dem man – wenn überhaupt – dann nur für einen kurzen, vorübergehenden Zeitraum lebt, sich aufhält. Länger oder gar für „immer“ diesem unvorstellbaren Zeitraum, in einem Altenpflegeheim zu leben ist für sie nach wie vor unvorstellbar.

Was machen die Blumen im Blumenfenster? Was macht der Rasen, der Garten?
Das ist alles in Ordnung Mutti. Die Blumen habe ich gegossen und der Rasen ist ja noch naß vom Regen letzte Nacht.

Haben die Männer die Kabel jetzt verlegt, ist die Strasse wieder zugeschüttet? Ja sage ich. Alles ist wieder in Ordnung. Dann kann ich ja am Freitag nach Hause.

Es braucht eine Zeit bis ich sie erreiche und einen Zugang zu ihr gefunden habe. Ab diesem Moment ist der Schmerz über ihren gegenwärtigen Aufenthaltsort erträglicher geworden. Auch für mich.

Die Situation wenn ich sie anrufe ist eine völlig andere. Nicht nur das sie dann zu mir sehr auf Distanz ist, ich sehe mich dann mit einer Situation konfrontiert die ich vermeiden will. Ihr zu sagen das ich dabei bin die Wohnung aufzulösen oder einen Makler beauftragt habe den Verkauf des Hauses in die Wege zu leiten ist ein Ding der Unmöglichkeit. Manchmal sage ich das zu Hause alles in Ordnung ist. Und dann gibt es Tage da weiß ich mir keinen Rat mehr, weiche aus, sage das morgen ihre Freundin zu Besuch kommt und sie das mit ihr besprechen wird.

Mittlerweile komme ich mit der Situation wie sie sich darstellt besser klar. Diesen Zustand der jenseits von dem ist was man als „gut“ oder den man als „wohl fühlen“ bezeichnen kann auszuhalten, hätte ich mir niemals vorstellen können.

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