Dies hat das Sozialgericht Wiesbaden jetzt in einem Eilverfahren entschieden. Die Antragstellerin muss jeden Tag zu einer Limburger Apotheke fahren, um dort ihr Substitutionsmedikament einzunehmen, und einmal wöchentlich ihren Arzt in Wiesbaden aufsuchen. Hierfür fallen monatlich Kosten in Höhe von 157,20 Euro an.
Das Sozialgericht sah in den Kosten einen unabweisbaren, laufenden Bedarf, den die Behörde nach dem am 3.6.2010 in Kraft getretenen § 21 Abs. 6 SGB II tragen müsse. Mit dieser Vorschrift wurden die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt (Urteile v. 9.2.2010, Az.: 1 BvL 1/09; 3/09 und 4/09).
Die Antragstellerin, so das Sozialgericht, könne die Fahrtkosten nicht von ihren SGB II-Leistungen tragen und sie auch nicht anderweitig decken. Die Kosten seien zur Sicherstellung des menschenwürdigen Existenzminimums notwendig. Sie fielen regelmäßig über einen längeren Zeitraum an und stellten einen besonderen Bedarf dar, da bei der Bemessung des SGB II-Regelsatzes Fahrtkosten für eine notwendige Krankenbehandlung nicht in diesem erheblichen Umfang berücksichtigt worden seien. (Az.: S 23 AS 766/10 ER)
„Das ist eine gute Nachricht für substituierte Drogengebraucher“, freut sich Silke Eggers, DAH-Referentin für Soziale Sicherung und Versorgung. „Aber auch für andere chronisch Kranke, die einen ähnlichen ‚besonderen Bedarf‘ haben, könnte sich ein Antrag auf Erstattung der Fahrtkosten zur ärztlichen Behandlung lohnen. Wir gehen fest davon aus, dass das Hauptsacheverfahren zum gleichen Urteil kommen wird.“
Eine Vorlage zu einem Antrag auf „unabweisbaren Bedarf“ findet sich unter http://blog.aidshilfe.de/2010/03/12/aktuell-hartefallregelung-gilt-%E2%80%93-infos-zur-antragstellung.
Quelle: Sozialticker
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Pers. Anmerkung:
Das ich die staatliche Diamorphinvergabe, die Möglichkeit Schwerstdrogenabhängige zu Substitutionieren für gut und notwendig erachte steht außer Frage. Es ist und bleibt ein Weg Schwerstdrogenabhängigen ihre Würde wiederzugeben und ihnen den Schutz und die Sorge für ihre Gesundheit zu ermöglichen. Insbesondere im Zusammenhang zur Übertragung von HIV und Hep C und anderen Krankheiten ist bzw. war dies eine zwingend notwendige Präventionsmaßnahme.
Ungeachtet der Vorteile einer Substitutionierung bleibt eine Abhängigkeit bestehen, in diesem Fall der täglichen Einnahme eines Substitutionsmedikamentes. Der Weg aus einer „Abhängigkeit“ heraus ist einer der schwersten Wege den ein Mensch beschreiten kann. Ein Weg, an dem leider viele Abhängige scheitern.
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