Mit offenen Karten spielen (akt)


. . . ist eine umgangsprachliche Redensart die besagt das man „offen und ehrlich“ sein soll. Sich selbst als auch anderen Menschen gegenüber. Und dies in jeder Beziehung. Soviel zur Theorie. Theorie deshalb weil in der heutigen Zeit diese Redewendung zum einen oftmals als eine oberflächliche Phrase verwendet wird, zum anderen weil es in vielen Bereichen des pers. Lebens einem selbst zum Nachteil gereichen kann. Weniger wegen des Inhaltes als vielmehr das was Andere mit dem Gesagten verbinden, assoziieren bzw. interpretieren. Jeder Mensch trägt Vorurteile mit sich herum. Dies gehört zum Mensch sein dazu. Vorurteilsfrei zu sein ist ohne Frage ein Zustand der das Miteinander um einiges angenehmer gestalten würde. Doch bis dahin ist es, so fürchte ich noch ein langer Weg.

Mit anderen Worten – man sieht sich auf einmal mit einem Dilemma konfrontiert.

Ein Dilemma bezeichnet eine Situation, die zwei Wahlmöglichkeiten bietet, welche beide zu einem unerwünschten Resultat führen. Es wird durch seine Ausweglosigkeit als paradox empfunden. Auch der Zwang zu einer Auswahl zwischen zwei positiven Möglichkeiten kann ein Dilemma sein. Das was ich als Dilemma bezeichne ist eine Situation, ein Gefühl mit dem sich nicht wenige HIV Positive konfrontiert sehen oder mit dem sie sich im Verlaufe ihres Infiziert seins konfrontiert gesehen haben.

Viele HIV Positive sehen oder sahen sich im Verlaufe ihres Infiziert seins mit dem Dilemma oder besser gesagt der Frage konfrontiert bzw dem Druck ausgesetzt: Sag ich meinem Chef, meinem Arbeitgeber, den Kollegen das ich HIV positiv bin oder nicht? Hier sind die gesetzlichen Voraussetzungen klar und eindeutig: Es gibt kein deutsches Gesetz dahingehend, das man die Frage ob man HIV positiv ist grundsätzlich wahrheitsgemäß beantworten muß. Allerdings gibt es bestimmte Berufe denen man was die wahrheitsgemäße Beantwortung betrifft Rechnung zu tragen hat. JUR-INFO: HIV und Berufsausübung

Während der letzten zwei Wochen habe ich mit MitarbeiterInnen von 48 AIDS Hilfen quer durch Deutschland telefoniert und JedemR von Ihnen zu dem Thema „Arzt – Patientenverhältnis im Bereich HIV“ gezielte, die gleichen „Fragen“ gestellt. Gegen Ende des Gespräches habe ich allen MitarbeiterInnen mit denen ich telefonierte gesagt was meine Absicht war. Um es vorweg zu nehmen: Alle Mitarbeiterinnen waren fachlich Up to date und verfügten über Empathie in einem Maß wie sie mir selten begegnet ist. Zudem hat es Ihnen wie mir großen Spaß gemacht. An dieser Stelle schon mal meinen Dank an Alle und vor allem meinen Respekt. In „Mit offenen Karten spielen – Teil 2“ mehr dazu.

Im Verlaufe dieser Telefonate wurde ich mit der Sichtweise einer Mitarbeiterin einer Aids Hilfe im süddeutschen Raum zu dem Thema „Outen am Arbeitsplatz“ konfrontiert, die ich, je länger ich darüber nachdachte, als eine überaus gesunde Sichtweise empfand. Ihr Ansatzpunkt war die Frage: Warum geht man arbeiten – Worum geht es wenn man arbeitet? Um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten indem man einen Beruf ausübt dessen Stellenanforderung die mit jedem Arbeitsplatz verbunden sind man gerecht werden muß.

Kein Mensch würde sich einem ähnlichen Druck ausgesetzt fühlen das er sich seinem Chef, Arbeitskollegen, seinem Umfeld gegenüber outen müßte, weil er/sie „Diabetiker ist.  Insofern sollte man sich fragen: „Woher kommt dieser Druck „weil ich HIV positiv bin“ mich outen zu müssen? Was ist die Ursache dafür „Weil ich HIV positiv bin“ mich outen zu müssen? Selbststigma und Schuldgefühle im Zusammenhang mit seinem Infiziert sein dürften da möglicherweise sehr stark mit hinein spielen. Daher sollte man sich schon einmal selbst hinterfragen woher es kommt das man der Meinung ist, seine persönliche Situation, sein privat Leben, sein „HIV positiv sein“ in den Arbeitsalltag hinein tragen zu müssen. Im übrigen ist ja gerade das der Diskurs in der Community wie auch in der Gesellschaft, das persönliche, private (Kranken) Daten nur das Verhältnis Arzt und den Patienten betreffen. Von daher stellt sich schon die Frage warum man der Meinung ist seine persönliche, private Situation unbedingt mit in den Arbeitsplatz hineintragen zu müssen wenn man auf der anderen Seite den Standunkt vertritt, das diese Information nur den entsprechenden Bereichen vorbehalten ist und bleiben soll.

Im Berufsleben geht es weder um private, persönliche Befindlichkeiten noch darum irgendwelchen gesellschaftlichen christlich moralischen Wertekanon zu entsprechen. Es geht um die fachlichen Qualifikationen um den entsprechenden Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes – Berufs gerecht zu werden. Dies zu erkennen und diese Sichtweise in sein Leben zu integrieren, mit sich in Einklang zu bringen nimmt dem Stigma, der Diskriminierung und Ausgrenzung sehr viel von seiner Macht.

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Seit Jahren trage ich ein Bild in mir das ich lange Zeit als „Utopie“ abgetan habe. Heute verstehe ich es als eine Realität, da sie auf jeden einzelnen Menschen zutrifft. Leider sind wir uns dieser Tatsache nicht bewußt. Möglicherweise deshalb weil sie so „einfach“ ist und wir der Meinung sind das Lösungen nur in der Komplexität zu finden sind.

Solange wir darauf schauen was uns voneinander unterscheidet – solange werden wir nicht miteinander in Frieden leben weil jeder davon überzeugt ist, das seine Sichtweise, sein Glaube, seine Überzeugung, der bessere und somit der richtige Weg ist. Das Ergebnis ist im besten Fall Ausgrenzung. Erst wenn wir anfangen auf das zu schauen was uns verbindet – was uns allen gemein ist wird ein friedliches Miteinander möglich sein. Die Frage die sich stellt ist: Was verbindet uns? Die Bevölkerung (pdf Datei, Seite 33) von Frankfurt/Main z.b. setzt sich aus Menschen aus 88 Nationen inkl Deutschen zusammen.

Wenn man von jeder Nation einen Menschen nimmt, diese in eine Reihe stellt und Jeden mit einer Nadel in den Zeigefinger der linken Hand sticht, so wird man folgendes erfahren: Das Blut all dieser Menschen hat die gleiche Farbe. Jeder Mensch wird wenn er gestochen wird einen Schmerz erfahren haben. Niemand liebt den Schmerz. Jeder Mensch möchte nur eines: Keinen Schmerz erfahren – Sich wohlfühlen.

JUR-INFO: HIV und Berufsausübung

Soziale und rechtliche Aspekte bei HIV

Arzt – Patientenverhältnis im Bereich HIV

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4 Antworten zu Mit offenen Karten spielen (akt)

  1. Thommen schreibt:

    Ich habe überhaupt nix gegen HIV-Status. Ich mache sowieso IMMER safer sex.

    Nun hab ich aber ein Problem mit den immer mehr werdenden barebackern! Sie sind darauf aus, den Status zu „verbreiten“ und quasi Andere „zwangszuouten“. Diese Diskussion wird schön separat geführt, wie wenn die einen von den Anderen nix wüssten und auch nix damit zu tun hätten…

    Dabi haben sich die einen schon lange mit den Anderen vermischt. Es herrscht eine mich peinlich berührende politische Korrektheit.

  2. alivenkickn schreibt:

    Deine Aussage wie viele ähnliche von Dir strotzt vor Unwissenheit und Vorurteilen. Wenn Dir DEIN Thema so wichtig ist dann schreib was auf Deinem Blog darüber. Ansonsten: KommentarThema verfehlt – 6 setzen.

  3. Thommen schreibt:

    Ich habe noch erlebt, wie Freunde verstorben sind und die Szene erschüttert war. (Texte aus jener Zeit auf meinem Blog!) Heute lebt man quasi einfach damit und mit den Heilsversprechungen der Pharmamultis. All die Mühe und die Probleme der Therapien werden unter den Tisch gewischt. Ausschliesslich Mitleid ist gefragt…

    Ich nehme zur Kenntnis, dass Du ein Teil dieser von mir erwähnten politischen Korrektheit bist. Weiterer Kommentar überflüssig.

  4. Pingback: Aids Hilfen in Deutschland « alivenkickn

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